Der Vorhang der Nacht, er zittert, reißt ein. Ein Spalt, erst zaghaft, dann gierig, verschlingt das samtene Dunkel. Und wir, wir Gestrandeten der Träume, werden ausgespuckt an den schäumenden Strand des Erwachens. Ein Gähnen, tief wie ein Schlund, ein Laut, der mehr Urzeit als Mensch in sich trägt. Müdigkeit, ein zäher Honig, klebt an den Lidern, zieht uns zurück in die süße Amnesie der Nacht.
Doch da! Ein Kitzeln. Ein Flüstern. Morgen. Ein Wort, das klingt wie das Knistern von frisch gefallenem Schnee, wie das erste, schüchterne Grün, das sich durch die Erde kämpft. Ein Versprechen, unbeschrieben, ein weißes Blatt, das darauf wartet, mit den Hieroglyphen des Tages bemalt zu werden.
Ihr Blick, noch trüb vom Schlaf, schweift in die Tiefe der lautmalenden Worte. Kaffee. Ein Wort, das röhrt und dampft, ein Versprechen von Wärme und Wachheit. Vogelgezwitscher. Ein Orchester der Frühe, ein Wirrwarr von Melodien, das die Seele kitzelt. Und zwischen diesen Lauten, zwischen dem Offensichtlichen, verbirgt sich der Sinn. Nicht der vordergründige, der sich aufdrängt wie ein Marktschreier, sondern der tiefere, der leisere, der sich nur dem erschließt, der bereit ist, hinabzutauchen in den Ozean der Möglichkeiten.
Denn der Tag, er ist nicht nur Arbeit, nicht nur Pflicht. Er ist ein Labyrinth, ein Spielplatz, ein unentdecktes Land. Er ist die Leinwand, auf der wir, mit den Farben unserer Gedanken und Taten, ein Meisterwerk erschaffen können. Oder ein Chaos. Die Wahl liegt bei uns.
Sie, die Reisende zwischen den Welten, die Taucherin nach verborgenen Wahrheiten, sie weiß das. Sie hat die süße Oberflächlichkeit gekostet, doch ihr Hunger verlangt nach mehr. Nach dem Unbekannten, dem Unerwarteten, dem, was sich erst im Tanz mit dem Tag offenbart.
Sie streckt sich, ein Knacken in den Gelenken, ein leises Knistern, wie das Erwachen eines uralten Baumes. Und dann, mit einem Lächeln, das sowohl Müdigkeit als auch Vorfreude in sich trägt, tritt sie hinaus. Hinaus in den gähnenden Abgrund des Morgens, der sich, bei näherer Betrachtung, als ein unendlicher Ozean voller Möglichkeiten entpuppt. Ein Ozean, der darauf wartet, von ihr besegelt, betaucht, erforscht zu werden. Denn jeder Tag ist eine neue Welt, und sie, sie ist bereit, sie zu entdecken.